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2011 Jugendförderprojekt
Jugendförderprojekt: Kooperation DOKR/Internat Schloss Loburg
Bericht von Sabine Wiemann, erschienen in Reiter&Pferd 3/11
Zum Frühstück ins Schloss
Ein Leben im Internat könnt ihr euch nicht vorstellen?
Antonia Stilgenbauer erlebt es seit einem halben Jahr auf dem Schloss Loburg.
Sie hat ihre Pferde gleich mitgenommen in das Reiterinternat.
Es ist 13 Uhr. Der Schulgong ertönt, und vor dem Schloss Loburg ist erstes Geplapper zu hören. Die Internatsschüler kommen zum Mittagessen in ihr Schloss.
Unter ihnen ist die 17-jährige Antonia Stilgenbauer.
Sie lebt seit August 2010 auf der Loburg in Ostbevern und besucht das zugehörige Gymnasium. Nachmittags fährt sie zum Deutschen Olympiade Komitee für Reiterei (DOKR) in Warendorf. Das Internat bietet nämlich mit dem DOKR ein Förderprogramm für talentierte junge Reiter an. Aufgewachsen ist Antonia in Florstadt in der Nähe von Frankfurt am Main. Dort hat sie auch das Reiten gelernt und zwar im Alter von sechs Jahren. „Also auf’s Pferd wurde ich schon gesetzt, als ich gerade laufen konnte. Den ersten Unterricht bekam ich dann so mit sechs“, blickt die Oberstufenschülerin zurück. Genau wie bei ihrer älteren Schwester Franziska setzte sich der Pferdevirus fest. Beide reiten Dressur und dies mittlerweile sehr erfolgreich. Antonia konnte 2010 erste M-Platzierungen sammeln und war bei den Hessischen Meisterschaften am Start. Auf einem Turnier wurde sie von einer Richterin auf das besondere Angebot der Loburg aufmerksam gemacht. Dort ist Antonia aktuell die einzige Schülerin, die Reiten und Lernen miteinander verbindet.
Ehrgeiz und Zeitmanagement
Um an der Nachwuchsförderung teilnehmen zu können, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein. Die Jugendlichen sollten Mitglied im Landeskader sein. Ein eigenes Pferd ist Pflicht, dies muss ebenfalls viel Potenzial mitbringen, denn mit ihm sollen die jungen Talente in den Bundeskader kommen. Doch bis dahin ist es ein langer Weg, der nur mit Ehrgeiz und genauer Zeitplanung gemeistert wird.Viel Freizeit bleibt der 17-jährigen Antonia im Internatsalltag nicht. „Aber das wusste ich auch vorher“, erklärt sie. Einen Wecker braucht sie morgens nicht, denn ihr Zimmer liegt direkt neben dem Gemeinschaftsbad. Wenn die anderen Mädchen von ihrem Flur unter der Dusche stehen, wird sie wach, egal zu welcher Stunde sie Unterricht hat. In dem großen Bad stehen überall Shampooflaschen, Duschgels und Zahnpastatuben. Zum Frühstück geht es rüber in das Schloss und anschließend zum Unterricht in das Gymnasium. Wie in jeder anderen Schule wird hier Mathe, Chemie und Englisch gepaukt. In der Mittagspause treffen sich alle wieder im Schloss. Für die 110 Internatsschüler riecht es heute nach Putenschnitzel, Reis und Currysauce. Salat und verschiedene Desserts ergänzen das Angebot. Antonia isst zusammen mit ihren Freundinnen Katharina und Teresa. In der Pause wird gequatscht – zum Beispiel über die Lehrer und die Noten. Sie lachen viel und sind in dem halben Jahr, das sie sich kennen, gute Freundinnen geworden. Teresa vergleicht das Leben im Internat mit dem in einer Familie. „Abends im Fernsehraum wird gemeinsam entschieden, was wir gucken, genau wie zu Hause“, so die Elftklässlerin. Abends trifft man sich oft in der sogenannten Pinte. Dies ist ein Gemeinschaftsraum, in dem Billard und Tischtennis gespielt oder gekickert werden kann. Für das Mittagessen und zum Umziehen hat Antonia eine dreiviertel Stunde Zeit. Um 13 Uhr ist Schulschluss, um 13.45 Uhr wartet das Taxi. Also schnell zurück über den Schulhof in das Wohnhaus.
Vom Taxi auf’s Pferd
Die Zimmer sind mit einem kleinen Schreibtisch samt Stuhl, einem Schrank und einem Bett ausgestattet, viel Platz für anderes bleibt nicht. Ein selbstgebasteltes Plakat von Freunden aus der Heimat ziert Antonias Wand. Auf dem Gang befindet sich eine „Telefonzelle“. Auf dem Flurtelefon können sich die Mädchen von Familie und Freunden anrufen lassen. Dazu kuschelt sich Antonia abends meistens in ihre weiße, flauschige Decke und berichtet vom Training beim DOKR. Apropos, es wird Zeit zu ihrem Hannoveraner Sumo zu fahren. Schnell steckt sie noch einen Apfel ein und dann los. Das Taxi wartet schon. Täglich fährt Antonia nach Warendorf und trainiert. Sie putzt und sattelt ihren 12-jährigen Sumo in der Box. Der Hannoveraner wurde bereits in der Klasse S vorgestellt und da soll es bald auch für Antonia hingehen. Trainiert wird sie beim DOKR von Fritz Lutter, dem Bundestrainer der Pony-Vielseitigkeitsreiter. Etwa drei-mal pro Woche gibt er ihr Unterricht. Lutter selbst war erfolgreich in der schweren Klasse in Springen und Dressur. Er ist der erste Ansprechpartner für die Internatsschülerin. „Wir sind momentan noch ganz am Anfang dieses einzigartigen Projekts zur Nachwuchs- und Kaderförderung“, so Lutter. Genau wie Internatsleiter Konrad von der Beeke hofft er darauf, bald noch weitere ambitionierte Jugendliche zu finden. „Es ist wichtig, den sportlichen Sinn zu wecken und zu fördern“, so der 57-Jährige. Von der Beeke und Lutter stehen in regelmäßigem Kontakt untereinander und zu Antonias Eltern.
Nach dem Reiten wird gepaukt.
Die Entwicklung in der Schule ist positiv. Und auch im Sattel entwickelt sich Antonia weiter. Bald holt sie ihr zweites Pferd Rosenstolz wieder nach Warendorf. Dann wird sie täglich zwei Pferde reiten. Gegen 16 Uhr kommt Antonia aus der Reithalle. „Oh, mein Taxi ist schon da“, stellt sie fest und verschwindet im Stall. Sumo bekommt seinen Apfel und wird schnell „stall-fein“ gemacht.
Auf Antonia warten nun noch die Hausaufgaben und um 18.30 Uhr gibt es Abendessen. Wenn sie bis 16 Uhr Schule hat, schafft sie es nach dem Reiten häufig nicht pünktlich zum Essen. Dann kocht sie gemeinsam mit Freundin Teresa. „Meine Kochkünste haben sich schon entscheidend verbessert“, schmunzelt sie.